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Die Sonneborner Dolomiten im Osten

Von Dr. Schmidt, Lemgo                           Zeitungsartikel um 1955

Hullebus Niere war neben Tappen Hans-Hennerk (Hans Heinrich Müller) eins der gewitzten Originale, die um die Jahrhundertwende in Sonneborn ihr Unwesen trieben.

Hullebus Niere war ein guter Stellmacher und ein leidenschaftlicher Jäger. Überall mußte er mit seinem kleinen weißen Hund "Schnepp" dabei sein. Einmal war eine Treibjagd auf dem Knappberge, an der der Baron, Offiziere und andere Persönlichkeiten teilnahmen, gings los in Richtung Jägerholz. Hullebus war wie immer rechter Flügelmann der Treiber und ganz in seinem Element. Lässig und würdevoll schritten die Herrschaften dahin, eine dicke Zigarre im Mund. Hullebus oft scharf nach links blickend, kochte innerlich ob der Gleichgültigkeit der Prominenz. Plötzlich ein Schuß und Schnepp saust auf einen Hasen zu. Doch der kräftige Hasenvater wehrt sich erbittert. Hullebus muß zu Hilfe eilen, erst sein "Eickmeier" macht dem Leben des angeschossenen Hasen ein Ende. Die hohen Herren schütteln sich vor Lachen. In seiner Ehre getroffen, schreit Hullebus den Schützen in tadellosem Hochdeutsch an: "Nehmen Sie die Zigarre aus dem Mund und wenn Sie nicht schießen können, bleiben Sie da, wo Sie hergekommen sind" Dem ordensgeschmückten Herrn soll vor Schreck die Zigarre aus dem Mund gefallen sein.

Als einmal der Baron in Bedrängnis war, weil Ihm nach erfolgloser Jagd die nötigen Festbraten fehlten, konnte nur Hullebus in Sonneborn Hilfe bringen. "Wörümme kümmste nich euer, dui Tömpel?" empfing er den herrschaftlichen Boten. Doch nach einem kräftigen Schluck aus der Flasche schlug das alte Jägerherz höher und mit zwei Rehböcken half er aus der Verlegenheit. Zur Belohnung durfte er bei dem ganzen Fest dabei sein. Nach drei Tagen machte er sich wieder auf dem Heimweg. Doch beim Gasthaus " Zum Grünen Jäger" kehrte der tüchtige Waidmann wieder ein. Ein Bärentreiber gesellte sich hinzu. Hullebus wurde bald so übermütig daß er mit dem Bären einen Zweikampf  aufnahm; oft "Eisbär" genannt , weil ihm Kälte und Schnee nichts anhaben konnten. Noch eben früh genug konnten die Herbeigeeilten die beiden Bären trennen . Am nächsten Morgen fanden die Sonneborner den Abgekämpften schlafend im Straßengraben.

Hullebus war herzensgut,aber zugleich gefürchteter als der Gendarm Simonsmeier aus dem benachbarten Barntrup. An einem kalten Wintertag gab er einem frierenden Handwerksburschen seine Schuhe und marschierte barfuß durch den Schnee weiter. Anderntags "akerte" er wieder draußen umher. Plötzlich wurde er von einem Kinderschlitten angefahren und lag ächzend mit gebrochenem Nasenbein am Boden. Der zufällig im Dorf weilende Sanitätsrat Theopold von Barntrup war bald zur Stelle und die Operation wurde ohne Narkose erledigt. Zwei starke Männer mußten den Patienten allerdings halten. Bei der schrecklichen Drohung: "Eck schmoite dui dat Bouil in`n Nackn" verkrümelte sich nach der Prozedur der Arzt. Bei Hullebus konnte man nie wissen!  

Manch andere Erinnerung wurde wach, als wir mit dem ältesten männlichen Einwohner von Sonneborn, Herrn Fritz Meier, zusammensaßen. Mit frisch-blauem Auge hieß er uns willkommen und stopfte zunächst gewissenhaft die Pfeife, ehe es ans Erzählen ging, von Osterfeuern und Versteinerungen und von wagehalsigen Fahrten mit schwer beladenem Wagen den Berg hinunter, von dem Knecht des Bauern Rieke aus Uhlental, der nicht mehr arbeiten wollte und sich aus dem Staube machte. Seinetwegen erdachte der Bauer ein Gedicht, das noch heute im Volksmund lebt:

Wo es dann blaus moin Knecht läu Tuit?                                                                                 Heu es täu Huis un raukt de Poip.                                                                                     Vertehrt dä Lebberworst un Kalberbrohn,                                                                             Wenn dat man lange bliwt bestohn -                                                                                    Drum roh eck doi, moin leuwe Vedder,                                                                                     un kumm baule wedder.  

Tatsächlich fand sich der Knecht nach einigen Tagen wieder ein.

Der Knappberg und seine Umgebung ist der Schauplatz dieser Erinnerungen. Dort ragen die Sonneborner "Dolomiten" in den Himmel. Werden sie mit einigem Recht so bezeiochnet?

Der Boedeker von Östereich sagt über die Südtiroler Dolomiten folgendes: " Kahle, steil abstürzende Wände neben breiten Tälern und Hochplateaus, phantastische, wild zerklüftete Gipfelbildungen mit Zinnen und Türmen, eine reiche Fülle wechselvoller Bilder auf engem Raum. In dem Kalkgestein lebt der Name des französichen Geologen Dolomieu (gest. 1801) fort. Wenn wir an einem sonnigen Vormittag vom Köterberg aus die gelbe Steinwand der " Sonneborner Dolomiten" aufleuchten sehen oder von den Pyrmonter oder Barntruper Höhen her auf den schroffen Klotz blicken, dann ist , in aller Bescheidenheit, der Vergleich nicht so uneben. Denselben Eindruck haben wir, wenn wir vom Knappberg zur Höhe des Saalbergs schauen, dessen Windmühlenstumpf die Sonneborner Feuerwehr im Wappen führt, oder zur Umrandung des Pyrmonterkessels. Geschützt im Tal aber liegt Sonneborn - wie schön sein Name! Nach Osten sucht sich der Grießebach seinen Weg zur Weser. Es gibt Tage, wo der Deutsche Enzian zu Füßen der Dolomiten erblüht und bald dort die Kirschblüte leuchtet.



An der Windmühle auf dem Saalberge

Kampf um Erwerb schon in alter Zeit    -    Dunkle Vorgänge auf einsamer Höhe -                             Ruine wurde Aussichtsturm -                       - Aus der Landeszeitung von 1950 -

Steigt man von Sonneborn durch den Scheppgrund oder dem Friedrichsweg, dem alten Mühlenwege, zum Saalberge zur alten Windmühle hinan, die heute als weithin sichtbarer Aussichtsturm das obere Begatal beherrscht, so kommt man an zwei Steinen vorbei, die den Namen " Restesteine" führen. Früher waren noch mehrere dieser Steine vorhanden. Auf ihnen stellte man damals während der Zeit des Rastens die auf den Schultern getragenen Kornpucken nieder, damit die Säcke nicht schmutzig wurden.

  Früher bestand im Lande Lippe Mühlenzwang. Zu jeder Mühle gehörten in dem sogenannten Bannkreis, der Bannmühle, bestimmte Dörfer. Die Sonneborner gehörten zur Bannmühle in Dudenhausen. Da aber die Bannmühle in Dudenhausen weit von Sonneborn ab lag, von den Wegeverhältnissen, besonders im Winter, ganz zu schweigen, erbaute der Dudenhauser Müller im Jahre 1660 auf dem Saalberge eine Windmühle, die sich aber auf die Dauer nicht rentierte und allmählich wieder verfiel.

  Erst im Jahre 1801 richtete der Dudenhauser Müller Bödeker die Mühle mit einer Bausumme von 2661 Talern wieder auf und erwarb vier Scheffelsaat Land hinzu, auf dem er, in einer Kuhle neben der Mühle gelegen, ein Wohnhaus errichtete. Als sich 1831 seine Tochter mit dem Mühlengesellen Brand verheiratete, bekam sie die Mühle als Mitgift. Brand war aber ein lebenslustiger Mann. Es gefiel ihm wenig auf der einsamen Höhe des Saalberges. 1852 wurde die Mühle zum Kauf angeboten. Lange fand sich kein Käufer.

Schließlich wurde die Mühle 1857 von dem aus Dunen stammenden Müller Degenhardt zum Preise von 1550 Talern erworben. Zwei Jahre später zerstörte ein starker Sturm die Mühle fast völlig, so daß sie neu aufgebaut werden mußte. Degenhardt ließ die Mühle aber nicht wieder als Bockmühle aufbauen sondern entschied sich, zumal Steine auf dem Saalberge zur genüge vorhanden waren für einen steinernen Bau.  Im Jahre 1862 war die Mühle endlich vollendet und betriebsfertig. Degenhardt hatte aber stark unter der Konkurrenz der hannoverschen Dörfer Reher und Grießem zu leide, weil die Müller aus diesen Orten aus Anlaß der 1869 eingeführten Gewerbefreiheit mit ihren Gespannen aus Sonneborn das Korn zum Mahlen abholten.

 Auf dem Kagewege erreichte Degenhardt den Entscheid, daß die fremden Müller wohl nach Sonneborn kommen, aber das Korn nicht aus den Häusern holen dürften. Für die Sonneborner war aber der Weg zur Windmühle auf dem Saalberge zu beschwerlich und unbequem. Und wenn nun der Müller aus Grießem oder Reher ins Dorf kam und durch eine an der Deichsel angebrachte Schelle seine Anwesenheit kundtat, brachten ihm die Dorfbewohner das Korn auf den Wagen. Degenhardt schaffte sich nun zwei Tragesel und ein Pferd an und holte jetzt selbst das Korn aus Sonneborn ab. Trotz aller Mühe gelang es ihm aber nicht zum Wohlstand zu kommen. als er 1878 nach einem mühevollen Leben starb, übernahmen seine beiden Söhne Ludwig und Karl die Mühle.

Im Sommer 1882 brannte die Mühle nachts, angeblich durch Blitzschlag ab. Aus nicht aufgeklärten Motiven sprang einige Wochen später die Wirtschafterin der beiden Brüder in den Brunnen und ertrank. Bald kam das Gerücht auf, sie sei von den beiden Brüdern in den Brunnen geworfen, um eine unbequeme Mitwisserin zu beseitige, die gewußt hätte, die Mühle solle bei einem Gewitter in Brand gesteckt werden, um die Versicherungssumme zu erhalten. Nur mit Mühe vermochten die Angeschuldigten ihre Unschuld nachzuweisen.

Die beiden Degenhardts ,besonders Ludwig, hatten sich schon früher als Heilpraktiker betätigt. Diesen Beruf führten sie nun noch einige Jahre in der näheren und weiteren Umgebung aus und zogen 1885 nach Lindwedel bei Verden. Während Karl Degenhardt dauernd in Lindwedel verblieb, kehrte Ludwig nach einigen Jahren nach Aerzen zurück. Hier lebte er bis zu seinem Tode, umgeben von Herbarien, seltenen Heilpflanzen, Wunderkräutern, Gesundheitswurzeln und zahlreichen Ampullen von angeblich nur ihm bekannten Lebenssäften.

Die Ruine der Mühle und das Wohnhaus wurden 1885 von der Rentenkammer erworben. Bis 1899 wurde es als Arbeiterwohnung für Tagelöhner des Vorwerkes Herborn benutzt. Dann wurde es abgebrochen und somit war es auf dem Saalberge wieder still geworden. Im Jahre 1926 kaufte die Stadt Barntrup die Ruine der Windmühle und ließ sie in den Jahren 1927/28 als Aussichtsturm ausbauen. 

Windmühlenstumpf

weitere folgen :-)



                                                  

                                         

 
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